Fotografie im Urlaub – und wenn der Impuls plötzlich fehlt?
Fear Of Missing Out im Urlaub
Früher war es für mich selbstverständlich: Wenn ich reise, fotografiere ich. Ich plane meine Spots, prüfe das Licht, stehe früh auf – und bringe Bilder mit. Doch rückblickend war da oft ein leiser Druck dabei:
„Wenn ich nicht rausgehe, verpasse ich das eine Bild.“
„Wenn ich nichts poste, bleibe ich stehen.“
Das hat mich angetrieben – und ich habe viel gelernt. Aber meine Urlaube waren selten frei. Sie waren durchstrukturiert, von Sonnenaufgang bis Spotliste. In diesem Urlaub war das zum ersten Mal anders.
Portugal – Kamera dabei, Impuls weg
Wir waren zwei Wochen in Portugal: Lissabon und Ericeira. Kamera und Drohne lagen bereit, mein Plan war simpel:
Einmal morgens zur Praia da Ursa
Einmal zur Praia do São Julião
Vielleicht ein paar neue Clips für spätere Projekte
Doch ich war an keinem dieser Orte mit der Kamera. Nicht, weil ich keine Zeit hatte. Sondern weil es sich nicht richtig angefühlt hat. Das Meer war da, das Licht war gut – aber ich blieb sitzen in unserer Unterkunft.
Warum?
Ich habe länger darüber nachgedacht. Es war nicht fehlende Lust oder fehlende Inspiration. Es war eher so:
Ich konnte mich nicht dazu bringen, für das eine Bild morgens um 5:30 Uhr aufzustehen und meine Familie allein zu lassen – nur um etwas „zu haben“. Der Impuls war da. Aber sobald es konkret wurde, merkte ich: Es passt nicht. Nicht zu diesem Tag, nicht zu meinem Gefühl. Natürlich meldete sich die alte Stimme:
„Andere wären jetzt losgezogen.“
Aber diesmal habe ich sie nicht mehr ernst genommen.
Die Sache mit dem „Für später“
Ein ehrlicher Punkt: Oft war mein erster Gedanke nicht „Ich will dieses Bild für mich“, sondern:
„Das wäre gut fürs Portfolio.“
„Vielleicht ergibt sich eine Hotelanfrage.“
„So ein Clip würde auf der Webseite funktionieren.“
Alles legitim – aber nicht der richtige Startpunkt. Ich habe gemerkt: Ich war oft im Modus der Verwertung, nicht der Gestaltung.
Zwischen zwei Stränden – zwischen zwei Haltungen
Eigentlich wollte ich zur Praia da Ursa. Letztes Jahr war es zu windig, das Bild wollte ich „nachholen“. Aber ich bin nicht gefahren. Stattdessen war ich an der Praia do São Julião. Kein dramatischer Spot. Aber ruhig, offen, stimmig. Und genau dort ist ein Bild in meinem Kopf geblieben. Kein technisches Highlight – sondern ein echter Moment.
iPhone statt Kamera
Ganz ohne Bilder war der Urlaub nicht. Ich griff immer wieder zum iPhone – aber anders als früher. Nicht für „Portfolio-Motive“. Sondern für Details, die mich im Moment angesprochen haben: Ein Frühstückstisch. Ein Laden in Lissabon. Licht auf einem Regal.
Keine Bilder zum Bewerben. Keine Bilder für später. Einfach Bilder, die mir gefallen haben – genau dort, genau dann.
Das war fast befreiend. Denn nichts musste daraus entstehen.
Was ich gelernt habe
Dieser Urlaub war anders – und er war wichtig.
Ich will keine Aufnahmen mehr machen, nur um etwas „zu haben“.
Ich kann am Meer sitzen, ohne etwas mitzunehmen – und trotzdem war ich da.
Ich will wieder fotografieren – aber aus mir heraus, nicht für jemand anderes.
Pausen gehören dazu. Sie nehmen mir nichts, sie geben mir Freiheit.
Und jetzt?
Meine Fotografie ist nicht weg. Sie ist gerade nur stiller geworden. Nicht weniger wertvoll – nur anders. Beim nächsten Mal werde ich vielleicht wieder mehr fotografieren. Aber dann, weil es sich klar anfühlt. Nicht, weil ich denke, dass ich es muss.
Framed Freedom heißt für mich gerade:
Ich gebe mir den Rahmen – aber ich zwinge mich nicht, ihn sofort zu füllen.
Frühmorgens, wenn Orte noch still sind, entstehen meine stärksten Bilder. Warum ich am liebsten bei Sonnenaufgang fotografiere – und was das über meinen Stil und meine Haltung verrät.