Wochenreflexion #19/KW 49: Der Körper als Lehrer – Trainiere deine Identität
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EIN VITALER START – UND EIN PUNKT, DER MICH ÜBERRASCHT HAT
Diese Woche begann eigentlich kraftvoll. Mit neuen Laufschuhen, einem motivierenden Training und der Freude, wieder mehr Routine in meinen Sport zu bringen. Parallel arbeitete ich an einem Hotelvideo, verfeinerte das Colorgrading, spielte mit Soundeffekten und merkte, wie viel Energie dieser kreative Prozess freisetzen kann. Es war ein Beginn, der sich leicht anfühlte – klar, fokussiert, lebendig. Doch zur Wochenmitte kippte etwas.
Nach drei Bewerbungsgesprächen – zwei davon inspirierend, eines ernüchternd – und einer Situation, in der mir im Corporate-Kontext eine offensichtliche Unwahrheit präsentiert wurde, stellte sich mir plötzlich eine Frage, die ich nicht erwartet hatte: Bin ich gerade körperlich schwach, weil ich krank werde? Oder fehlt meinem Körper etwas? Oder beides?
Ein leichtes Kratzen im Hals, Müdigkeit, Frösteln. Und gleichzeitig das starke Bedürfnis, fit zu bleiben, nicht ausgebremst zu werden, weiterzumachen. Ich bin doch grade wieder in Fahrt gekommen. Diese Reibung – zwischen Trainingshoch und Stopp, zwischen Kraft und Schwäche – war der Moment, der etwas in Gang setzte. Denn genau daraus entstand die Erkenntnis, die den Kern dieser Woche ausmacht:
Ich arbeite nicht an einem Ziel. Ich arbeite an meiner Identität.
SPORT, IDENTITÄT UND DER GEDANKE, DER ALLES VERÄNDERTE
Noch bevor die Halsschmerzen stärker wurden, war ich voller Energie gestartet. Ich wollte trainieren, wollte besser werden, wollte diesen Weg wirklich gehen. Und dann – plötzlich – setzte etwas aus: mein Hals, meine Energie, mein Körper. Es führt kein Weg dran vorbei, ich musste pausieren, ich fühlte mich nicht gut. Frustriert saß ich abends vor meinem Journal und schrieb drauf los. Plötzlich entstand ein überraschend klarer Gedanke: Ich trainiere nicht, um irgendwann VO₂max Wert 50 auf meiner Sportuhr zu erreichen. Ich trainiere, weil Sport ein Teil von mir ist und meiner zukünftig manifestierten Identität ist.
Und wenn ich die 50 erreiche? Dann höre ich ja nicht auf. Dann beginnt eigentlich erst der Teil, in dem ich diese Form halten und pflegen möchte. Vielleicht passiert es 2026. Vielleicht 2027. Aber das Tempo ist nicht das Entscheidende. Dass ich nicht aufhöre, ist entscheidend.
DIE FOTOGRAFIE – UND WARUM SIE DEM SPORT GLEICHT
Je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass dieselbe Logik auch für meine Fotografie gilt. Ich muss nicht täglich etwas veröffentlichen. Nicht jeden Tag schneiden, posten oder optimieren. Genauso wie im Sport braucht die Fotografie Pausen, in denen sich Stil und Klarheit entwickeln dürfen.
Und auch hier gilt: Man hört nicht auf, wenn man sein Ziel erreicht. Man macht weiter, weil es Teil der eigenen Identität geworden ist. Wenn ich eines Tages wirklich Fotograf bin – beruflich, offiziell, sichtbar – werde ich ja nicht einfach aufhören.Ich werde genauso weitermachen wie im Sport:
rhythmisch, bewusst, getragen von dem, was mich ausmacht. Und wie im Sport weiß ich nicht, wann der Moment kommt, an dem ich VO2 Max 50 erreiche oder eben Fotograf werde.
Ich wusste nicht, dass ich diese Woche krank werde. Ich wusste nicht, dass gerade daraus eine neue Erkenntnis entsteht. Und ich weiß auch nicht, wann sich in der Fotografie alles fügt.
Ich kann den Prozess gestalten. Aber das Leben setzt den Zeitpunkt und man muss lernen darauf zu vertrauen, dass alles zur richtigen Zeit kommt. Und das nimmt erstaunlich viel Druck, wenn man das für sich mal verstanden hat. Gelesen ist das leicht.
ERNÄHRUNG – UND WAS DER KÖRPER MIR DIESE WOCHE GEZEIGT HAT
Parallel dazu zeigte mir diese Woche, wie sensibel der Körper auf Ernährung reagiert. Ich hatte vor Monaten versucht, mich kohlenhydratärmer und glutenfrei zu ernähren – mit mehr Fokus auf Protein. Eigentlich aus einem guten Impuls heraus: bewusster essen, klarer leben, den Körper entlasten. Doch genau in dieser Woche merkte ich, dass diese Anpassung auch Nebenwirkungen haben kann. Schon seit längerem beobachte ich, dass mir manchmal Energie fehlt, meist nach zwei Trainingseinheiten. Ein paar Stunden mit zu wenig Nahrung, zu wenig Salz oder Elektrolyten – und mein System reagierte sofort: trockener Mund, ein leichtes Frösteln, weniger Energie. Erst später wurde mir klar, wie logisch das war.
Sportphysiologisch betrachtet braucht der Körper – insbesondere bei Ausdauertraining – nicht nur Protein, sondern auch Kohlenhydrate. Sie sind seine schnellste Energiequelle. Fehlen sie, beginnt eine ganze Kaskade an Reaktionen: der Blutzucker sinkt schneller, die Schleimhäute trocknen aus, das Immunsystem wird anfälliger, Müdigkeit tritt früher ein.
Dazu kommt: Durch Schwitzen verliert der Körper Natrium – entscheidend für Muskeln, Nerven und Flüssigkeitsverteilung. Genau das erklärte viele meiner Symptome. Ich kam zur Schlossfolgerung, glutunfrei ist gut und schön, aber dadurch fehlen mir wertvolle Nährstoffe, die vor allem in Kohlenhydraten wie Dinkel und Kartoffeln enthalten sind. Früher brauchte ich nie Elektrolyte, weil ich mehr Weizen zu mir nahm, doch die letzten Wochen musste ich es regelmäßig nehmen.
Spannend war, wie schnell sich alles beruhigte, sobald ich wieder regelmäßiger aß und Elektrolyte zu mir nahm. Innerhalb weniger Stunden wirkte mein Körper stabiler – als hätte er nur darauf gewartet, dass ich ihm gebe, was er braucht. Vielleicht war das die dritte Erkenntnis dieser Woche:
Ernährung ist ein Zusammenspiel aus Energie, Timing und Aufmerksamkeit – genauso wie Sport. Und inviduell.
KREATIVITÄT, DIE KEINEN DRUCK BRAUCHT
Parallel arbeitete ich weiter an meinem Hotelvideo. Wochenlang hatte ich das Gefühl, dass noch etwas fehlt – vielleicht ein Voice-Over, vielleicht ein besonderer Kniff. Doch beim Colorgrading, beim Spielen mit Drohnenmaterial und Soundeffekten merkte ich plötzlich: Das Video ist eigentlich schon fertig. Es brauchte keine zusätzliche Ebene mit Effekten. Keine große Geste. Nur ein paar ruhige Entscheidungen. Und wieder zeigte sich dasselbe Muster: Klarheit entsteht nicht im Druck, sondern im Raum. Nicht im Zwingen, sondern im Sehen. Umso wichtiger ist es, dass man sich Pausen zugesteht. Und nein, mir fällt das offensichtlich auch nicht leicht.
WACHSTUM IN WELLEN – EIN BILD, DAS SICH DURCHSETZT
Je mehr ich über die Woche nachdachte, desto klarer wurde mir: Wachstum kommt in Wellen.Wie im Sport: Belastung – Pause – Fortschritt.
Seit August läuft es genau so: Ich habe Phasen der Energie, in denen ich super produktiv bin, dann kommen, Erkenntnise und die Klarheit – meistens mit weniger gefühlten Fortschritt. Gefolgt von Tagen, in denen sich alles neu sortiert, neu verbindet, neu integriert.
Vielleicht ist es der Mondzyklus. Vielleicht die Psyche.Vielleicht einfach das Leben.
Aber das Muster ist eindeutig: Nichts wächst linear. Alles wächst rhythmisch.
Und im Sport ist es sogar wissenschaftlich belegt: Leistungssteigerung entsteht nicht in der Belastung, sondern in der Erholung.
Warum sollte es im Leben anders sein?
INSPIRATION & ERNÜCHTERUNG IN DER CORPORATE-WELT
Zur Wochenmitte holte mich dann die Corporate-Welt ein: drei Bewerbungsgespräche an einem Tag. Ein ehemaliger Bundesliga-Jugendtrainer, der mit 30 noch einmal alles neu denkt. Eine Bewerberin, die nach drei Jahren Arbeit alles hinwarf und ein Jahr nach Kanada ging. Beide sprachen vom Mut, Orte zu verlassen, bevor man innerlich stehen bleibt.
Es fühlte sich an wie zwei kleine Botschaften des Universums: Veränderung ist möglich. Mut ist möglich. Neuanfang ist möglich.
Und dann – der Kontrast: eine Unternehmens-Entscheidung von jemandem, die auf offensichtlichen Unwahrheiten beruhte. Ein Moment, der wieder zeigte, wie fremdbestimmt diese Unternehmenswelt oft ist. Es zwang mich Mitarbeiter Gefühlt anzulügen, was für mich und meine Werte ein absolutes No-Go ist. Erst recht, wenn ich noch nicht mal dafür verantwortlich bin. Traurig wie wenig Raum für Integrität in dieser Welt manchmal bleibt.
Interessanterweise begannen genau an diesem Tag die Halsschmerzen.
DIE ROLLE MEINES JOBS – NEU GESEHEN
Trotz allem wurde mir bewusst: Mein Job hält mich nicht fest. Er trägt mich – solange ich ihn brauche.
Er finanziert meine Entwicklung. Er gibt mir Stabilität für ein Jahr des Wachstums. Und er definiert nicht mehr, wer ich bin. Ich bin längst innerlich weiter und baue mir eine neue Identität.
FAZIT: BALANCE IST EIN RHYTHMUS
Diese Woche war keine laute Woche. Aber eine ehrliche. Sie hat mir gezeigt:
dass Pausen kein Rückschritt sind
dass Ernährung essentiell ist und achtsam beobachtet werden musst
dass Kreativität Raum braucht
dass Wachstum wellenförmig kommt
dass mein Weg klar ist, auch wenn das „Wann“ offen bleibt
dass Druck nie der Weg ist
dass Identität wichtiger ist als Ziele
Vielleicht ist das die tiefste Erkenntnis dieser Tage:
Balance ist kein Zustand. Balance ist ein Rhythmus. Und genau in diesem Rhythmus entsteht gerade etwas, das mich trägt. Etwas Echtes. Etwas, das sichtbar wird, wenn die Zeit reif ist.
Alle bisherigen Wochenreflexionen findest du hier.